Interviewtypen beim Vorstellungsgespräch: Mit allen Vor und Nachteilen, nicht nur für Bewerber interessant

Multimodale InterviewsDu hast die erste Hürde erfolgreich gemeistert: Deine Bewerbung kam gut an und daraufhin hast Du eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen. Generell zielt ein Vorstellungsgespräch immer darauf ab, Dich persönlich kennenzulernen. Das Unternehmen möchte also wissen, wer Du bist, wie Du auftrittst und ob Du ins Team passen könntest. Um das herauszufinden, kann das Unternehmen auf verschiedene Varianten des Vorstellungsgesprächs zurückgreifen. Wir stellen Dir die unterschiedlichen Interviewtypen beim Vorstellungsgespräch vor.

Offene Interviews

Ein offenes Interview wird auch als freies Interview oder unstrukturiertes Interview bezeichnet. Das offene Interview ist am ehesten mit einem ganz normalen Gespräch vergleichbar. Manchmal hat sich Dein Gesprächspartner vorher schon überlegt, was er mit Dir besprechen möchte.

Manchmal führt er das Gespräch aber auch ganz spontan und aus der Situation heraus. Mitunter kommt es vor, dass Dein Gesprächspartner mehr spricht und weniger fragt. Umgekehrt kann es sein, dass er eher die Rolle des Zuhörers einnimmt und Dich erzählen lässt.

  • Vorteil: Das offene Interview bietet Dir die Chance, das Gespräch aktiv zu beeinflussen. Durch Deine Antworten kannst Du mitbestimmen, wie sich das Gespräch entwickelt. Gleichzeitig kannst Du Punkte, die Dir wichtig und interessant erscheinen, vertiefen und andere Themen dafür verkürzen. Auch durch Deine eigenen Anmerkungen und Fragen kannst Du das Gespräch ein Stück weit steuern.
  • Nachteil: Der Nachteil vom offenen Interview besteht darin, dass es zwar flexibel, aber auch sehr subjektiv ist. Wie es verläuft und welche Themen angesprochen werden, hängt von der Erfahrung, der Kompetenz und der Person des Personalers als solches ab. Zudem kommen beim offenen Interview zwischenmenschliche Aspekte stärker zum Tragen. Da es keine festgelegten Abläufe und standardisierten Fragen gibt, spielen persönliche Sympathien und Antipathien eine recht große Rolle.

 

Standardisierte Interviews

Das standardisierte Interview heißt auch strukturiertes Interview. Bei dieser Interviewart folgt das Gespräch einem festen, vorher definierten Ablauf. Der Personaler arbeitet dazu mit einer Liste und arbeitet die Fragen Punkt für Punkt ab. Sowohl die Fragen selbst als auch die Reihenfolge, in der sie Dir gestellt werden, stehen vorher schon fest. Oft hat der Personaler dabei nicht nur seinen Fragebogen, den sogenannten Interviewleitfaden, zur Hand. Stattdessen liegt auch ein Bewertungsformular auf seinem Schreibtisch, in das er seine Notizen einträgt.

  • Vorteil: Der große Pluspunkt bei einem standardisierten Interview besteht darin, dass die Rahmenbedingungen immer gleich sind. Allen Bewerbern werden exakt dieselben Fragen gestellt. Gleichzeitig ist der Leitfaden so ausgearbeitet, dass alle wesentlichen Themen angesprochen und alle wichtigen Informationen abgefragt werden. Die Gefahr, dass etwas vergessen wird, besteht somit nicht. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt ist, dass das Gespräch weitestgehend auf einer sachlichen Ebene verläuft. Der Personaler selbst nimmt nur wenig Einfluss. Dies hat zur Folge, dass persönliche Sympathien und Antipathien weniger ins Gewicht fallen. Auch Missverständnisse auf zwischenmenschlicher Ebene können so eher verhindert werden. Gleichzeitig können die Ergebnisse objektiver miteinander verglichen werden.
  • Nachteil: Der große Nachteil von standardisierten Interviews besteht darin, dass sie kaum Flexibilität zulassen. Sie wirken oft recht steif und die Gesprächsatmosphäre erinnert ein bisschen an eine Art Verhör. Du hast wenig Möglichkeiten, den Gesprächsverlauf zu beeinflussen und eigene Akzente zu setzen.

 

Halbstandardisierte Interviews

Das halbstandardisierte Interview, das auch halbstrukturiertes oder geleitetes Interview genannt wird, ist eine Mischung aus offenem und standardisiertem Interview. Das bedeutet: Der Personaler hat eine Checkliste mit Fragen, die er Dir stellen möchte. Manchmal hat er auch einen Leitfaden, der die Kernfragen und die wichtigsten Themenbereiche festlegt. Wie der Personaler Dir die Fragen stellt und in welcher Reihenfolge er das macht, entscheidet er aber selbst. Der Personaler weiß also schon im Vorfeld, welche Punkte er auf jeden Fall mit Dir besprechen will. Wann und wie dies erfolgt, ergibt sich aber aus dem Gesprächsverlauf.

  • Vorteil: Das halbstandardisierte Interview bietet den Vorteil, dass das Vorstellungsgespräch einerseits einem strukturierten Ablauf folgt. Andererseits bleibt genügend Freiraum, um das Gespräch flexibel zu gestalten. Es kann sich also ein echtes Gespräch entwickeln, auf das Du durch Deine Antworten und auch Fragen Einfluss nehmen kannst.
  • Nachteil: Durch die Strukturierung ist sichergestellt, dass alle Infos, die das Unternehmen für seine Entscheidung braucht, abgefragt werden. Gleichzeitig wird der Gesprächsverlauf aber von der Person des Personalers und seinen persönlichen Eigenheiten beeinflusst. Gleiches gilt auch für Dich. Du hast zwar die Möglichkeit, Akzente zu setzen und Themen, die Dir besonders wichtig erscheinen, zu vertiefen. Dabei besteht aber immer auch die Gefahr, dass Du Dich auf Punkte konzentrierst, denen das Unternehmen keine so große Bedeutung beimisst. Im Gegenzug könnten dann ausschlaggebende Themen etwas zu kurz kommen.

 

Multimodale Interviews

Das multimodale Interview ist ein vergleichsweise junger Interviewtyp beim Vorstellungsgespräch. Vom Grundprinzip her ist es mit dem halbstandardisierten Interview vergleichbar. So nutzt auch das multimodale Interview einen Interviewleitfaden, durch den die Fragen und Gesprächsthemen festgelegt sind. Gleichzeitig gibt es offene Phasen, in denen sich das Gespräch flexibel entwickeln kann. Das besondere Kennzeichen vom multimodalen Interview ist aber, dass es sich aus acht Gesprächsteilen zusammensetzt. Von diesen acht Phasen fließen fünf in das spätere Urteil ein. Die anderen drei Gesprächsteile liefern Dir Informationen und sollen zu einem natürlichen Gesprächsverlauf beitragen. Die acht Phasen beim multimodalen Interview finden immer in derselben Reihenfolge statt und sind folgende:

1. Gesprächsbeginn: Das Vorstellungsgespräch beginnt mit der Begrüßung und allgemeinen Informationen. In dieser Phase soll eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden. (ohne Bewertung)

2. Selbstvorstellung: Bei der Selbstvorstellung erzählst Du über Dich, Deine derzeitige Situation, Deinen Werdegang und Deine Erwartungen an die Zukunft.

Hier einige der relevanten Fragen die aktuell gestellt werden

3. Fragen zum Beruf: Nun werden Dir standardisierte Fragen zu Deiner Berufswahl, zur Bewerbung und zu Deinen beruflichen Qualifikationen gestellt.

4. Offenes Interview: In dieser Phase stehen offene Fragen auf dem Programm. Meist knüpfen diese an die beiden vorhergehenden Gesprächsphasen an.

5. Fragen zu Erfahrungen, Interessen und allgemein Deiner Biographie: In dieser Gesprächsphase stehst wieder Du als Person im Mittelpunkt. Dieses Mal wird aber mit einem Fragebogen oder Leitfaden gearbeitet, der biographische Daten mit Blick auf die Anforderungen der Stelle abfragt.

6. Tätigkeitsinformationen: Nun erzählt Dir der Personaler etwas über das Unternehmen, die Tätigkeit und den Arbeitsplatz. (ohne Bewertung)

7. Situatives Interview: In einem Rollenspiel werden eine oder mehrere Situationen aus dem Berufsalltag simuliert.

8. Gesprächsabschluss: Wenn Du eigene Fragen hast, kannst Du sie jetzt stellen. Ansonsten wird das weitere Vorgehen besprochen, dann folgt die Verabschiedung. (ohne Bewertung)

  • Vorteil: Das multimodale Interview enthält zwar viele standarisierte Elemente und folgt einem klar strukturierten Aufbau. Trotzdem bleibt genug Freiraum, um das Gespräch flexibel zu gestalten. Durch die Phasen, die Deiner Information dienen, erfährst Du viel über das Unternehmen und die Tätigkeit. Gleichzeitig bekommt das Vorstellungsgespräch so eher den Charakter eines echten Gesprächs und wirkt nicht wie ein Verhör. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die meisten Deiner Antworten direkt und nach vorher definierten Standards bewertet werden. Die Auswertung erfolgt aber erst später. So wird verhindert, dass sich der Personaler vorschnell ein Urteil bildet. Gleichzeitig lassen sich die Ergebnisse gut und objektiv mit denen anderer Bewerber vergleichen.
  • Nachteil: Durch das multimodale Interview verschafft sich das Unternehmen ein recht umfassendes Bild von Dir. Die verschiedenen Elemente ermöglichen dem Unternehmen, schon im Vorfeld abzuschätzen, wie gut Du den Job meistern und wie erfolgreich die Zusammenarbeit sein wird. Dies kann natürlich ein Vorteil sein. Durch gezielte Fragen kann der Personaler aber auch einen Blick hinter die Kulissen werfen und so möglicherweise Deine Schwachstellen ausmachen. Bei anderen Interviewtypen kannst Du diese durch eine gute Vorbereitung eher kaschieren und überspielen.

 

Stressinterviews

Ein Vorstellungsgespräch wird nie die ganze Zeit über als Stressgespräch geführt. Der Personaler kann allerdings eine bestimmte Phase des Gesprächs nutzen, um eine Stresssituation hervorzurufen. Dazu kann er Dir eine unangenehme Frage stellen, eine spöttische Bemerkung machen oder Dich provozieren. Möglich ist aber auch, dass er Dir eine zunächst harmlose Frage stellt und dann bei Deinen Antworten immer wieder nachbohrt. Genauso kann er versuchen, Dich aus dem Konzept zu bringen, indem er Dich mehrfach unterbricht. Umgekehrt kann er auch eine längere Pause machen, in der er überhaupt nichts sagt, sondern Dich nur anschaut. Die Absicht eines Stressinterviews besteht darin, Deine Belastbarkeit und Deinen Umgang mit Stresssituationen zu testen. Der Personaler will herausfinden, wie souverän Du mit schwierigen Situationen umgehst, wie Du mit Druck klarkommst und wie schnell Du eine Lösung findest.

  • Vorteil: Ein Stressinterview ist natürlich ein bisschen gemein. Andererseits kannst Du hier sehr viele Pluspunkte sammeln. Wenn Du Dich nicht auf die Spielchen einlässt, sondern ruhig bleibst und besonnen reagierst, zeigst Du eindrucksvoll, dass Du mit Druck und Stress umzugehen weißt.
  • Nachteil: In jedem Job kann es stressig und hektisch werden. Es kann immer mal wieder zu Konflikten mit Kollegen und Vorgesetzten kommen oder Ärger mit Kunden geben. Wenn Du die Stresssituation im Vorstellungsgespräch nicht meistert, wird sich der Personaler fragen, ob Du im Arbeitsalltag möglicherweise auch so schnell die Fassung verlierst.
  • Tipp: Egal, wie der Personaler die Stresssituation hervorruft – nehme seine Angriffe auf keinen Fall persönlich. Bleibe ruhig und zeige ihm, dass Du den Anforderungen gewachsen bist. Das wird Dir am besten gelingen, wenn Du Dir Zeit verschaffst. Dazu kannst Du beispielsweise die letzte Frage oder Aussage des Personalers wiederholen, etwa so: „Sie möchten von mir wissen, ob … Habe ich das richtig verstanden?“ oder so: „Sie sagen, dass … Nun, ich sehe das so …“. Dadurch gewinnst Du Zeit, um einmal tief durchzuatmen, Deinen Stresspegel herunterzufahren und Dir eine Antwort zu überlegen. Antwortest Du sofort, wird Dein spontaner Schnellschuss oft wie ein patziger Gegenangriff oder wie ein Verteidigungsschlag aus der Bedrängnis heraus wirken.

 

Situative Interviews

Ähnlich wie das Stressinterview ist auch das situative Interview nur ein Baustein beim Vorstellungsgespräch. Beim situativen Interview wird eine typische Situation aus dem Arbeitsalltag simuliert. Besonders beliebt dabei sind Verkaufsgespräche. Der Personaler beschreibt Dir dazu vorher ein Produkt und schlüpft dann in die Rolle des Kunden. Du wiederum übernimmst die Rolle des Verkäufers, der dem Kunden das Produkt präsentiert und ihm natürlich auch verkaufen will. Durch das situative Interview kann der Personaler zum einen prüfen, wie gut und aufmerksam Du zuhörst. Das Rollenspiel geht nämlich immer auf Informationen zurück, die Dir der Personaler im Verlauf des Gesprächs vermittelt hat. Zum anderen kann der Personaler Dein Verhalten und Auftreten in bestimmten Situationen testen. Außerdem kann er sehen, ob Du die Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Du angegeben hast, tatsächlich mitbringst und in der Praxis abrufen kannst.

  • Vorteil: Durch das situative Interview kannst Du direkt und realitätsnah unter Beweis stellen, was in Dir steckt. Vor allem wenn Du keine oder nur wenig Berufserfahrung hast, kannst Du durch einen gelungenen Auftritt viele Pluspunkte sammeln. Schließlich kann sich der Personaler live und hautnah ein Bild davon machen, was Du kannst.
  • Nachteil: Viele Bewerber tun sich schwer damit, sich auf ein Rollenspiel einzulassen. Sie schämen sich, kommen sich ein wenig lächerlich vor oder haben Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu machen. Solche Bedenken und Hemmungen haben dann aber zur Folge, dass die vorhandenen Kompetenzen und Stärken nicht richtig zur Geltung kommen. Du solltest deshalb Deine Zweifel über Bord werfen und ausblenden, dass Du Dich gerade in einem Vorstellungsgespräch befindest. Stell Dir stattdessen wirklich eine reale Situation im Arbeitsalltag vor, bei der der Personaler ein ganz normaler Kunde oder Kollege ist.